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Drei Frauen und eine neue Seite

Wer hinter dem neuen Styriarte-Erscheinungsbild steckt

Von Thomas Höft

Wir Menschen sind Gewohnheitsfreund*innen. Hoppala, da ist es schon passiert. Das Gendersternchen hat Sie beim Lesen wahrscheinlich aufgehalten. Ist Ihnen ins Auge gefallen, hat Sie vielleicht sogar gestört. Weil es neu und ungewöhnlich ist. Vielleicht auch, weil Ihnen die dahinterstehenden Ideen missfallen, aber darüber reden wir ein andermal. Heute geht es darum, dass unser Gehirn es liebt, wenn es nicht viel Neues verarbeiten muss. Für etwas Neues gibt es noch keine Kategorien, das strengt an, verbraucht also Energie. Und weil Energie kostbar ist - wer weiß, ob wir morgen noch etwas zu Essen haben, denkt sich die Neandertaler*in in uns - sollte man sich möglichst wenig bemühen. Also müssen wir uns dazu überwinden, aber irgendwann ist die richtige Kategorie gefunden, die Gewohnheit stellt sich ein, und Sie werden das Gendersternchen völlig selbstverständlich finden, versprochen.

So ist der Lauf der Dinge. Ständig gewöhnen wir uns an Neues und glauben schnell, so sei es schon immer gewesen. Was natürlich eine absolute Täuschung ist. Sonst würden wir vielleicht immer noch Altgermanisch sprechen, oder Neandertalisch oder was auch sonst so geredet wurde vor tausenden von Jahren. Dann würden wir aber auch noch in Höhlen leben. Natürlich passt sich Kommunikation immer den Verhältnissen an, und auch die ändern sich unaufhörlich. That’s life.

Normalerweise ziehen alle die, die sich mit dem äußeren Erscheinungsbild von eingeführten Produkten beschäftigen, diese Bequemlichkeit unserer Gehirne in Betracht. Und ändern normalerweise so, dass wir nicht wirklich merken, was passiert. Schaut man sich zum Beispiel das ORF-Logo an, oder das Layout der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ oder den Schriftzug von Tempo-Taschentüchern, dann scheinen die zeitlos. Erst wenn wir das heutige Erscheinungsbild mit einem alten von vor 50 Jahren vergleichen, fällt uns auf, WIE anders alles heute ausschaut.

Aber man kann es natürlich auch umgekehrt machen und sagen: unser Produkt ist SO ANDERS geworden, dass wir das zeigen müssen. Wir müssen verändern, und die Veränderung muss man erkennen können. Womit wir beim eigentlichen Thema dieses BLOGS wären: dem neuen Erscheinungsbild des Hauses Styriarte. 

Seit einigen Tagen werden Sie es auf allen digitalen Kanälen gemerkt haben: unser Haus Styriarte wurde einer gründlichen Renovierung unterzogen. Und verantwortlich für das frische Antlitz sind gleich drei Frauen, die das Projekt ganz in ihre Hände genommen haben: Enya Reinprecht als Projektleiterin, Luisa-Christin Kaßler als Gestalterin und Margit Kleinburger als Content Managerin. Mit allen dreien habe ich mich für diesen Beitrag unterhalten und bin dabei einem Power-Trio begegnet, dessen Leidenschaft für die Sache unglaublich ansteckend ist.

Natürlich würden Sie von mir nicht erwarten, dass ich jetzt etwas Kritisches sage. Ich bin dem Haus Styriarte seit 1994 verbunden, viele Texte, die Sie lesen können, sind von mir, und man könnte meinen, dass wenn nicht ich so doch zumindest Intendant Mathis Huber im Hintergrund die Fäden zusammengehalten und alles gelenkt habe. Aber das stimmt nicht. Wenn man etwas wirklich neu machen möchte, dann sollten sich die 60-Jährigen (die sich immer noch gerne als „Leitwölfe“ oder „Silberrücken“ oder als andere unangenehme, aus der Zoologie abgeleitete Alphatiere verstehen) tunlichst heraushalten.

Ich hatte keine Ahnung, was passieren würde, und als ich vor ein paar Tagen auf Instagram die ersten Posts im neuen Gewand entdeckte, war ich so überrascht wie hingerissen. „Kein Wunder“, meint Enya Reinprecht verschmitzt, „denn jetzt funktioniert die Seite endlich auch auf dem Smartphone“. „Und“, fügt Margit Kleinburger hinzu, „das Smartphone ist nun mal heutzutage der Einstieg auf eine Seite. Das kennen wir doch alle von uns selbst: wir nehmen das Handy, gehen auf eine Website, und wenn das nicht gleich klappt, sind wir schon wieder woanders. Handy und Tablet sind nicht irgendwelche zusätzlichen Zugänge, auf denen die Seite AUCH funktionieren muss, sie sind DIE WICHTIGSTEN Türen, durch die Besucher*innen zu uns kommen.“

Margit Kleinburger & Enya Reinprecht gemeinsam vor dem Notebook

Margit Kleinburger & Enya Reinprecht

Womit eindeutig geklärt ist, warum die Seite des Hauses Styriarte grundsätzlich neu werden musste: weil die Bedürfnisse der Besucher*innen andere geworden sind. Alle drei Gestalter*innen sind sich da völlig einig. Und alle haben unterschiedliche Erfahrungen anzubieten. Enya Reinprecht arbeitet seit 2016 im Projektmanagement des Hauses Styriarte, hat komplexe Produktionen wie das Rossballett „La Margarita“ umgesetzt und ist für die Helmut List Halle als zentrale Spielstätte verantwortlich. Seit Herbst 2020 hat sie sich ganz dem neuen Erscheinungsbild verschrieben. Die Coronakrise und das Homeoffice waren dabei eher Impulsgeber*innen als Hemmschuhe, hat sich hier doch gezeigt, wie zentral digitale Kommunikation heute geworden ist. Deshalb hat Enya Reinprecht auch zunächst eine Kommunikationsagentur als Partner*in für das Projekt gesucht: unter acht, die zur engeren Wahl standen, ist es schließlich moodley interactive geworden mit der Projektleiterin Cornelia Perus von Agentursseite.

Weil eine Seite wie die des Hauses Styriarte einen kontinuierlichen Betreuungsbedarf hat, kam eine neue Gestalterin auf Seiten der Styriarte mit an Bord, die Kommunikationsdesignerin Luisa-Christin Kaßler.

Luisa-Christin Kaßler lacht verschmitzt in die Kamera

Luisa-Christin Kaßler

Für sie ist es der erste Job direkt nach dem Studium, und so ging es sofort von „Null auf Hundert“. Luisa-Christin Kaßler studiert zudem auch Kunstgeschichte, und so verwundert es nicht, dass sie ihre gestalterische Arbeit mit einem wunderschönen Vergleich aus der Bildenden Kunst beschreibt: „Für mich ist eine leere Website so etwas wie eine Leinwand. Eine weiße Wand voller Möglichkeiten, etwas zu sagen.“ Dass sich Luisa-Christin Kaßler mit klassischer Musik nicht sonderlich auskennt, ist dabei kein Manko, sondern ein ganz klarer Vorteil: „Ich habe mich schon immer gern mit Wissenschaftskommunikation beschäftigt. Also damit, etwas verständlich zu machen, was sich Expert*innen einfallen lassen. Mit der klassischen Musik ist es ähnlich. Da ist so viel Basiswissen nötig, und das müssen wir immer wieder neu vermitteln. Weil ich damit ganz von Grund auf anfangen muss, kann ich mich sehr gut hineinversetzen in alle, die auch keine Expert*innen sind. Ich bin mir ganz sicher, dass wir im Hause Styriarte viel einfacher, viel grundsätzlicher kommunizieren müssen, um mehr Menschen zu erreichen.“

Immer wieder hört man das den drei Gestalter*innen an, dass sie wirklich breit informieren wollen, zugänglich machen, vermitteln. Und alle drei betonen, dass das ein Prozess ist. „Eine Website ist wie das Leben“, sagt Luisa-Christin Kaßler, „sie muss und wird sich entwickeln.“ Margit Kleinburger, die schon seit 1995 im Haus styriarte ist, sieht das genauso: „Wir haben eine dynamische Seite, die muss täglich aktuell sein, ganz am Puls der Zeit.“ Und das ist auch für alle Beteiligten eine echte Herausforderung. „Was wir im letzten Jahr gelernt haben“, schwärmt Margit Kleinburger, „und wie wir uns entwickelt haben, das hätte ich nie gedacht. Meine Erfahrung aus dem Kartenbüro hat mir gezeigt, es gibt kaum noch eine Altersbarriere bei der Nutzung der digitalen Welt und von Social Media. Man täuscht sich gewaltig, wenn man immer noch glaubt, Senior*innen wären nicht im Netz unterwegs. Sie sind es, fast genauso wie die Jungen.“

Die digitale Wirklichkeit ist aber nur ein Teil der Veränderung, die eine neue Gestaltung des Auftritts vom Haus Styriarte notwendig gemacht hat. Der andere Teil liegt in der Veränderung im Haus selbst. „Wir sind auf dem Weg von einem Konzerthaus zu einem echten Medienhaus“, erklärt Enya Reinprecht. „Wir haben sozusagen einen Crash-Kurs in der Verfilmung von Musikereignissen absolviert und bieten inzwischen qualitativ hochwertige Musikfilme als ‚Videos on demand’ an. Dieses Angebot wird sich schnell erweitern, und wir wollen und können es nicht mehr wie zu Beginn verschenken, sondern wirklich verkaufen. Und dafür haben wir auf der neuen Website das richtige Umfeld geschaffen“. Richtiges Umfeld, das ist für die drei Gestalter*innen das Einbetten in ein vielfältiges Storytelling. Es gibt kostenlosen Inhalt, Hintergrundgeschichten, zwei Podcasts - also ein echtes digitales Angebot, das schon bald dem Liveerlebnis in nichts nachstehen wird.

Ein letzte Frage noch: Es ist gewiss kein Zufall, dass drei Frauen die Verantwortung für den Relaunch des Styriarte-Erscheinungsbildes haben, sage ich allen dreien. Und Enya Reinprechts Reaktion darauf bildet einen schönen Schlusspunkt.

Enya Reinprecht strahlt in die Kamera

Enya Reinprecht

Hier ist er: „Ich arbeite in einer männlich dominierten Welt. Vor allem backstage, hinter den Kulissen von Veranstaltungen. Es ist nicht immer leicht, diesen Raum als junge Frau zu navigieren. Am Beginn wird man oft nicht ernst genommen, man wird belächelt. Aber ich kämpfe nicht um Akzeptanz oder Anerkennung. Ich habe gelernt: wenn ich mir selbst vertraue, den Ton angebe, zeige wie sehr ich für meinen Beruf brenne und einfach ich selbst bin, dann vollzieht das oft männliche Gegenüber schnell einen Wandel. Für mich schließen sich Feminität, Female Empowerment und Feminismus nicht aus. Das sind keine Gegensätze. Das Zusammenspiel ist für mich eine Stärke. Eine Super-Power. Das feiern wir mit unserer neuen Website und in der Styriarte 2021.“

Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Das Wort hat unser geschätztes Publikum.

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