Ein Gastbeitrag von Ariane Pakisch
Musik ist etwas ganz Persönliches. Alle, die sich schon mal in hitzigen Diskussionen mit Eltern, Kindern und Freund*innen über diesen einen Song/dieses eine Stück/diese eine Violinistin/dieses eine Musikvideo befunden haben können das bestätigen. Es scheint, als wäre jeder von uns (auch die „objektivsten“ Wissenschaftler*innen und Kritiker*innen) mit einem ganz eigenen Paar Ohrwascherl auf die Welt gekommen. Wenn 12 davon nun zum Beispiel in ein Mozart Konzert gehen, kommen da manchmal ganz unterschiedliche Meinungen raus – egal, ob‘s das erste Mal oder das tausendste Mal für die besagten Hörgeräte waren.
Ganz ehrlich, am Anfang dieses Artikels bin ich etwas unprofessionell verzweifelt. Nach ein paar Glaserl Traubensaft ;) gings aber schon wieder. So viele unterschiedliche Eindrücke, so wenig Text. Wo fängt man da an? Am Anfang vielleicht, in unserem Fall also ein seltsames Klavier mit Florian Birsak. Die Ideen meiner Ohrwascherl zu diesem pianoähnlichen Instrument (es war übrigens ein Hammerklavier – hab‘ ich aber auch nur durch einen Blick ins Programm herausgefunden) waren recht eindeutig: es klingt irgendwie komisch aber es ist eigentlich ganz cool. Viele hätten sich eine höhere Lautstärke gewünscht, da es recht leise und dumpf war (wobei, auch nicht für alle – ich glaub ich brauch noch an Schluck Traubensaft). Die sogenannte „Kammermusik“ ist halt eher für kleine Räume konzipiert (hätte man sich schon fast denken können bei dem Namen) und die List Halle zählt in ihrer Größe für mich nicht wirklich zu etwas, was ich als klein bezeichnen würde.
Auch bei den Texten der Lieder konnten sich meine Ohrwascherl nicht so gut einigen, es war aber ein immer wiederkehrendes Thema. Fremd waren sie, okay sind halt schon über 250 Jahre alt. Aber das kann einen auch schon ziemlich aus der Musik rausholen – oder auch gerade den Schmäh ausmachen. Trotz allem hat der Gesang von Maria Ladurner (mit der wir dann Backstage auch die Gelegenheit hatten über Texte und viele andere Dinge zu plaudern) allen gefallen. Göttin sei Dank, eine Gemeinsamkeit!
Noobs Backstage in der Helmut List Halle
Unterschiedliche Ohren hören unterschiedliche Dinge. Das endet auch nicht bei sehr musikalischen, weil professionellen Ohren. Wie unterschiedlich gewisse Hörerfahrungen von Publikum und Musiker*innen interpretiert werden, zeigen zwei Themen. Die Frauenfeindlichkeit in manchen von den Liedtexten war für mich offensichtlich. Dass die besungene/singende Frau sich mehr wie eine Glorifizierung gewisser sexueller Ideale anfühlte als ein tieferer Charakter, war für mich unangenehm und nervte auch ziemlich. Es ist halt immer der gleiche Schmarrn, die gleichen Stammtischwitze die auch einfach echt nicht so lustig sind. Aber was für mich Misogynie im Hintergrund war, war für andere eine aktive Frauenrolle oder eine Beschreibung von erotischen Szenen, die sich auch heute noch so abspielen könnten. Dass die Texte dieser Zeit sogar noch wesentlich besser seien als manche danach, war Maria Ladurners Antwort, als ich sie fragte, wie sie sich fühlt, wenn sie sowas singt.
Auch bei dem Klavier-Trio schieden sich die (gehörten) Geister. Während der Gesamtklang für einige erfreulich und entspannend war, fanden andere ihn unausgewogen oder irritierend. Für manche war es der Höhepunkt des Abends, andere wiederum fanden es zu lange oder konnten sich nur noch schwer konzentrieren.
Was bleibt also über? 12 Ohrwascherl und ein Mozart – oder sollte ich vielmehr sagen 12 Ohrwascherl und 12 Mozarte, die zwar alle miteinander verwandt sind aber doch jeder für sich etwas ganz Besonderes ist.
ZUR AUTORIN:
Ariane Pakisch, die 21-Jährige Musikologiestudentin aus Graz hört sich gerne von Schubert über Fitzgerald zu Eilish. Obwohl Sie eigentlich eher im Bereich der Popularmusik forscht, hat sie durch ihre Familie viel von der klassischen Musik auf den Weg mitbekommen. Neben der Musik setzt sie sich auch aktiv für Klimagerechtigkeit und Gleichstellung aller Menschen ein.