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Unsere Spielplätze: Die Helmut List Halle

Blick auf die Ostseite der Helmut List Halle mir Science Tower
© Matthias Wagner

Von Matthias Wagner

Im Grazer Westen rührt sich allerhand. Rund um die Helmut List Halle, die seit bald zwei Jahrzehnten einer der wichtigsten Spielräume des Hauses styriarte ist, wächst eine so genannte Smart City in den Himmel. Hier erzählen wir, was uns im Festspielsommer 2021 erwartet – und warum wir uns in diesem Haus so pudelwohl fühlen.

Ein Monolith im grünen Niemandsland hinter dem Bahnhof, das war die Helmut List Halle seit ihrer Eröffnung 2003. Jetzt wächst sie mitten in die Stadt hinein – oder besser: die Stadt wächst zu ihr hinaus. Die High-Tech-Location rückt von der Peripherie ins Zentrum.

SO EIN WIRBEL!

Dass so ein Wachstumsschub nicht nur angenehm ist, hat unser Publikum bereits im Sommer 2020 erlebt. Und auch heuer müssen wir alle noch ein bisschen tapfer sein. Eine riesige Baustelle umgibt die „Halle“, wie sie der styriarte-Volksmund nennt; die Parkplatzsituation ist – nun ja – unbefriedigend; die provisorische Einbahn der Waagner-Biro-Straße nach Süden macht alles noch komplizierter.

„So ist das nun einmal in einer Stadt“, nimmt es unsere Veranstaltungsdramaturgin und Service-Verantwortliche Katharina Schellnegger gelassen. „Es ist ja auch lustig, dabei zuzusehen, wie ein Stadtteil entsteht. 2020 hat die Baustelle vor der Haustür irgendwie gar nicht schlecht zur dramatischen Gesamtsituation gepasst.“

EIN PARK FÜR NIKOLAUS HARNONCOURT

The Good News: Es wird sich auszahlen, und wie. Zwischen Bauzäunen, Erdlöchern und Baggern liegen dieser Tage bereits die fertig verlegten Straßenbahnschienen des verlängerten 6ers, der ab dem kommenden Herbst in die Smart City fährt. Und was uns ganz besonders freut: Dort, wo die neue Bim wendet, entsteht ein Nikolaus-Harnoncourt-Park.

Das passt. Schließlich ist der Name des weltberühmten Maestro eng mit diesem Ort verbunden, an dem er uns unvergessliche Musikereignisse geschenkt hat. Mehr noch: Harnoncourt war 2002 direkt in die Konzeption der „Halle“ eingebunden.

EIN VISIONÄRES HAUS FÜR DIE STYRIARTE

Es ist ein visionärer Bau, den Architekt Markus Pernthaler damals in Rekordzeit realisiert hat. Extrakniff: Die Glas- und Stahl-Struktur der ursprünglichen Industriehalle von Waagner-Biró wurde in das neue Konzerthaus integriert, wie uns die beiden Leiter der Helmut List Halle, Erwin Hauser und Christoph Baloch, erzählen.

Christoph Baloch (links) und Erwin Hauser vor der Baustelle um die Helmut List Halle
© Matthias Wagner

„Das Haus wurde speziell für die styriarte und den Steirischen Herbst geplant“, erinnert sich Erwin Hauser. „Deshalb ist die Akustik auch optimal für klassische Musik. Wenn du im leeren Saal in die Hände klatschst, hallt es mehr als vier Sekunden nach.“ Mit Tribünen und Publikum sinkt die Nachhallzeit auf etwas über zwei Sekunden – just perfect für die Musik aus dem Hause styriarte. Hauser: „Wir haben mit der Zeit aber auch gelernt, die Nachhallzeit zu reduzieren und den richtigen Sound für andere Musik, zum Beispiel Pop oder elektronische Musik, zu erzeugen.“

DIE MEHRZWECKHALLE DES HERRN POLT

So ist die „Halle“ heute Heimat einer regen Community aus allen Kunstsparten – aber auch anderer Veranstaltungen, etwa von Kongressen oder Bällen. Christoph Baloch erinnert sich an ein Zitat des legendären Gerhard Polt, der sich bei einem Kabarett-Auftritt umblickte und meinte: „Liebes Publikum, herzlich willkommen in dieser gut und wohlgeschmückten Mehrzweckhalle!“

Mehrzweckhalle, das ist in diesem Fall eindeutig als Kompliment zu verstehen. „Der Bau ist bewusst nüchtern und minimalistisch gehalten, mit seiner Betonhülle und der Holzschale“, erklärt Erwin Hauser. „Aber wir schaffen es, dass der Saal immer wieder anders ausschaut, je nach Produktion.“ Christoph Baloch ergänzt: „Wir haben auch beim technischen Setup gelernt, dass wir viel mehr draufhaben als nur eine klassische Frontalbühne.“

Davon kann die styriarte ein fröhliches Lied singen: „Weil das Outfit so neutral ist, können wir es variabel bespielen“, sagt Katharina Schellnegger. „Wir können eigentlich alles machen, was wir wollen. Und dazu noch die tolle Akustik.“

GRÜN-GRÜNE KOALITION

Und noch ein wichtiger Punkt macht die seit 2003 bestehende Partnerschaft so harmonisch: das gemeinsame Anliegen, immer umweltfreundlicher zu werden. Mit ihrer riesigen Photovoltaikanlage an der Südfassade – zur Bauzeit 2003 eine der größten in Österreich – deckt die Helmut List Halle ihren Strombedarf teilweise selbst (Echtzeit-Daten zum Solarstrom). Und mittlerweile wurde auch das Lichtsystem auf die weitaus sparsamere LED-Technologie umgestellt. Hauser: „LED-Scheinwerfer erzeugen außerdem viel weniger Hitze, also sparen wir auch bei der Klimaanlage.“

zwei Bikes auf der Fahrradgarderobe
© Katharina Schellnegger

WIESEN, BÄUME, RADLN, BIM

Wenn sich demnächst der Baustellenstaub legt, soll es auch rund um die Halle wieder grün werden: Das neue Parkhaus auf der Rückseite – in dessen Untergeschoß übrigens auch ein neuer Veranstaltungsraum entsteht – bekommt eine Pflanzenfassade. Und die Flächen rund ums Haus werden mit Bäumen bepflanzt. „Das ist uns extrem wichtig“, so Erwin Hauser. „Wir wollen hier nicht im Beton leben.“

Darauf freut sich auch das Haus styriarte, das sich mit Vehemenz auf den Weg zum Green Event gemacht hat. „Die Helmut List Halle ist eine zertifizierte Green Location, da sind wir voll auf einer Linie und müssen nicht erst jemanden überzeugen, auf unsere Umwelt aufzupassen“, freut sich Katharina Schellnegger. Die 2020 eingeführte – bewachte – Fahrradgarderobe kommt natürlich 2021 wieder, verspricht sie. „Und ab dem Herbst haben wir die neue Bim, dann braucht man fast kein Auto mehr, um zu uns zu kommen.“

TATSÄCHLICH LIEBE

Dann wird sich die Geduld ausgezahlt haben. Und spätestens dann wird auch die „Halle“ wieder in voller Blüte stehen. Von den rund 200 geplanten Veranstaltungen des Jahres 2020 mussten Covid-bedingt rund 150 abgesagt oder verschoben werden, berichtet Christoph Baloch. Bekanntlich ist es in erster Linie das Haus styriarte, das trotzdem weiterspielt – und dafür streut uns Erwin Hauser Rosen: „Die styriarte ist wirklich ein Vorzeigefestival, was den Umgang mit der Pandemie betrifft. Mir gefällt es, wie pragmatisch euer Intendant Mathis Huber die Herausforderung annimmt. Er fragt nicht, was nicht geht, sondern was geht. Das ist sehr erfrischend in Zeiten wie diesen.“

Oh. Danke! Wir lieben euch auch. Also dann, bis demnächst – im Sommer 2021!

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