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Tschaikowski bittet zum Tanz

Eine Gruppe junger Menschen posiert vor dem Styriarte-Logo, lächelt und schafft eine festliche Atmosphäre.

Ein Gastbeitrag von Ariane Pakisch

Was passiert eigentlich, wen man zu spät zu einem Konzert der Styriarte kommt? Also, nicht nur unangenehm pünktlich zum Saaleinlass, sondern so eine richtig schöne Viertelstunde? Diese Frage habe ich mir für die Vorstellung „Lust auf Tschaikowski“ selber beantworten dürfen.

Vorneweg: Ja, man kann trotzdem noch der Aufführung beiwohnen. Allerdings nicht mehr auf den ursprünglichen Plätzen, sondern mit dem sogenannten Nacheinlass. Um das übrige Publikum nicht zu stören, bekommt man eigene Plätze, zu denen einem das Styriarte Hosting Team während besonders lauten Stellen (zum Beispiel Applaus) führt. Um ehrlich zu sein, man fühlt sich ein bisschen wie James Bond während einer Undercover Mission. Eigentlich ziemlich cool – nicht, dass ich irgendjemanden raten will es auszuprobieren. Wenn es dann eine Pause gibt, kann man später zu den ursprünglichen Sitzmöglichkeiten kommen – in unserem Fall war das allerdings nicht so. Naja, wir waren trotzdem nahe am Geschehen, wie man sieht:

Blick auf ein Orchester auf der Bühne, gesehen von hinter den Kulissen.
© Ariane Pakisch

Blick auf die Bühne von den Nacheinlassplätzen aus

Kommen wir zu einer ganz anderen Frage: Was macht Musik aus? Dieser Frage gehe ich ja nun schon seit einigen Blogbeiträgen auf den Grund, und eines ist ganz sicher: Tanzen, Mimik und Bewegung sind untrennbar mit ihr verbunden. Diese Verbindung hat sich mir und meinen begleitenden Ohrwascherln (beziehungsweise deren Besitzerinnen und Besitzern) während des emotionalen Auftritts vom Festspiel-Orchester.YOUTH wieder einmal bestätigt. Man kennt es (oder zumindest glaubt man, dass es so ist): Klassisches Konzert bedeutet stillsitzen, während man denen da vorne zuschaut, wie sie vor lauter Musizieren ihr Publikum vergessen. Spaß verboten, leises Schnarchen erlaubt. Um es mit den Worten von Christoph zu sagen:

„... ich hab das Gefühl, normale Konzerte schaust du auf einem winzigen schwarz-weiß Fernseher an, und das ist das erste klassische Konzert, das ich jetzt eigentlich in Farbe gesehen habe ...“

Genau für diese Farben sorgte eine wunderschöne Bühnenshow, die uns bewies, dass auch ein Orchester tanzen kann. Und dass Bewegung nicht störend sein muss, sondern Musik und Choreografie ineinanderfließen, Geschichten erzählen und Perspektiven neu erschaffen können. Haben Sie eigentlich mal auf die Instrumentalgruppen geschaut, die gerade nicht spielen, weil sie zur Musik tanzen? Oder wurden Ihnen kleine musikalische Melodien bewusst, weil das Orchester mit ihnen wortwörtlich mitschwing? Haben Sie verstanden, wie die Musikerinnen und Musiker kommunizieren, weil sie es Ihnen zeigen mit ihren Gesichtsausdrücken und Gestiken? Hat Ihnen ein Orchester schon einmal gesagt, wie es die Musik fühlt und denkt? Dafür braucht man tatsächlich nur einen roten Faden, der von Instrument zu Instrument gereicht wird und schlussendlich im Publikum landet.

Denn Orchester und Publikum, das hat für uns an diesem Abend bedeutet: alles ist anders, aber alles ist eines. Und selbst, wenn wir mal nicht kapiert haben, warum es jetzt genau diese Bewegung war, es fesselte, lenkte den Fokus und regte zum Nachdenken an. Und nein, Musik wurde hier nicht zum reinen Hintergrundklang – sondern vielmehr zu einem Neuen Ganzen. Das schloss auch Licht, Outfits, Blicke und Details (wie die Ruhe, mit der die Musikerinnen und Musiker ihre Instrumente ablegten und dann ganz gechillt in den schwierigsten Stellen wieder einstiegen) mit ein.

Orchesteraufführung bei Styriarte, historische Kulisse, klassische Musiktradition.
© Ariane Pakisch

Dass Bewegung aber nicht nur das Publikum befreit, sondern auch die Musizierenden, das hörte man. Kein versteifter, alter Sound. Sondern beschwingt, emotional und modern. Es klingt kitschig, aber die Musik wurde durch die Choreografie wirklich lebendig. Um es wie Flo zu beschreiben:

„Ein richtig gutes klassisches Konzert mit noch nem Twist.“

ZUR AUTORIN:

Ariane Pakisch, die 21-Jährige Musikologiestudentin aus Graz hört sich gerne von Schubert über Fitzgerald zu Eilish. Obwohl Sie eigentlich eher im Bereich der Popularmusik forscht, hat sie durch ihre Familie viel von der klassischen Musik auf den Weg mitbekommen. Neben der Musik setzt sie sich auch aktiv für Klimagerechtigkeit und Gleichstellung aller Menschen ein.

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